Verzascatal

Das Verzascatal (italienisch Valle Verzasca) ist ein Tal im Schweizer Kanton Tessin und gehört zum Bezirk Locarno. Im Verzascatal befinden sich die Gemeinden Mergoscia, Vogorno, Corippo, Lavertezzo, Brione (Verzasca), Gerra (Verzasca), Frasco und Sonogno. Ausser Mergoscia, das zum Kreis Navegna gehört, sind alle im Kreis Verzasca zusammengeschlossen.
Lage
Das Verzascatal ist ein wildes Tal mit steilen Hängen und unzähligen Wasserfällen. Die Verzascahäuser (Rustici) aus grauem Stein mit weissen Umrandungen an den Fenstern und schweren Steinplattendächern sind typisch für das Tal. Die Kapellen entlang der Wege zeugen vom religiösen Glauben der Talbewohner.

Das Verzascatal ist mit Mergoscia das geometrische Zentrum des Tessins. Es ist das einzige Tal, das nur an Tessiner Täler grenzt. Es liegt zwischen der Leventina und dem Maggiatal und erstreckt sich über eine Länge von 25 km in Süd-Nord-Richtung nördlich des Lago Maggiore. Der Talboden liegt auf 500–900 m ü. M. Die Berge, die das ganze Tal umrahmen, haben eine durchschnittliche Höhe von 2400 m. Das Tal wird vom Fluss Verzasca durchflossen, der am Talausgang gestaut wird und den Lago di Vogorno bildet, bevor er in der Magadinoebene in der Nähe des Ticino in den Lago Maggiore fliesst.

Klima, Flora und Fauna

Aufgrund der unterschiedlichen Höhenlagen sind im Valle Verzasca alle Klimazonen vereint. Tenero-Contra und Gordola gehören dank tiefer Meereshöhe, Seenähe und dem Schutz der Berge des Verzascatales vor den Nordwinden zur insubrischen Klimaregion. Weinberge und mediterrane Vegetation profitieren hier vom mildesten Klima der Schweiz, Nebel sind selten und Regenfälle von kurzer Dauer. Dieses Klima zieht sich weit in das Tal hinein, wo Reben, Kastanienwälder und Palmen gedeihen. Es geht dann mit zunehmender Höhe über das Hügel- und Bergklima bis in die Regionen mit alpinem Klima (über 2000 m ü. M.). Wegen der Unterschiede in der Bodenbeschaffenheit und der Höhe kann man im Verzascatal fast alle im Tessin vorkommenden Pflanzen- und Tierarten der verschiedenen Umweltzonen antreffen.

Wirtschaft

Früher betrieb die Bevölkerung hauptsächlich Landwirtschaft, das heisst vor allem Weidewirtschaft. Ab dem 14. Jahrhundert überwinterten Einwohner mit ihrem Vieh in der Magadinoebene. Seit dem 17. Jahrhundert fand eine saisonale Auswanderung zur Erwerbstätigkeit statt. Arbeitslose und abenteuerlustige Männer liessen sich als Söldner für fremde Kriegsdienste anwerben.
Verkehr
Der einzige Talzugang für den Autoverkehr und das Postauto ist im Süden ab Tenero oder Gordola. Die auf der linken Talseite beginnende Kantonsstrasse führt über Vogorno, Corippo, Lavertezzo, Brione (Verzasca), Gerra (Verzasca), Frasco und endet in Sonogno. Sie wurde erst in den Jahren 1866 bis 1871 gebaut. Eine kurze Stichstrasse führt nach Corippo.

Tourismus

Die vielen Gipfel mit Sicht auf die Walliser-, Berner und Glarner- und Bündneralpen sowie die zahlreichen Übergänge in die Seiten- und Nachbartäler machen das Valle Verzasca zu einem Eldorado für Bergwanderer. Die Berghütten Cornavosa, Barone, Cognora, Efra, Osola, Fümegna und Borgna bieten Unterkunft und Verpflegung.

Der Sentierone Valle Verzasca ist ein rot-weiss markierter Wanderweg (Bergweg), der von Tenero aus oberhalb des Lago di Vogorno oder via Mergoscia und später entlang der Verzasca in mehreren Etappen bis nach Sonogno führt.

Geschichte

Schalenstein Sass di Striöi bei Berzona/Vogorno
Wegen seiner schweren Erreichbarkeit gilt das Verzascatal als eines der Täler, das am besten seine Ursprünglichkeit bewahren konnte. Die abgelegene geographische Lage machte es für die Eroberer uninteressant.

Zeugen einer sehr frühen Besiedlung der Verzasca-Region fanden sich an der Mündung der Verzasca. Dort wurden Steinarten aus der jüngeren Steinzeit (1800 v. Chr.) gefunden. In Berzona, einem Ortsteil (frazione) von Vogorno, liegt am Wanderweg ein grosser Schalenstein, der Sass di Striöi (Hexenstein), der vermutlich um 600–700 v. Chr. bearbeitet wurde. Insgesamt gibt es im Verzascatal rund neunzig derartig eingemeisselte Felsen. In Tenero wurde 1880 eine bedeutende römische Nekropole aus dem 1. und 2. Jahr. n. Chr. entdeckt. Die Funde (Bronzen, Amphoren, Münzen) befinden sich im archäologischen Museum des Castello die Visconti in Locarno.